- Musik zu Theater, Tanz und Krieg: Die weltliche Musik in Rom
- Musik zu Theater, Tanz und Krieg: Die weltliche Musik in RomWeltliche Musik durchdrang das Leben der Römer in allen Bereichen. So gehörten Musik und Theater beziehungsweise Zirkus zusammen. Livius beschreibt, wie im Jahre 364 v. Chr. in Rom etruskische Tänzer zur Sühnung einer Seuche unter Tibiabegleitung Pantomime vollführten. Diese wurde von der Jugend nachgeahmt, dazu sang man einfache Scherzweisen. Hieraus erwuchs der Stand der »Histriones«, zu dem sich die allmählich professionell agierenden Mimen zusammenschlossen. Ihre dramatischen Handlungen waren mit Tanz, Gesang und Tibiaspiel begleitet. Auf dieser Basis gaben starke hellenistische Einflüsse in der Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. den entscheidenden Impuls für die Pflege des römischen Theaters und seiner Musik. Unter Vermischung hellenistischen Kunstgesangs mit Elementen der griechischen Tragödie (Euripides) schuf der römische Komödiendichter Plautus regelrechte Singspiele mit instrumentaler Einleitung durch einen Tibiabläser, der die Partien des Schauspielers sowie Tanzeinlagen musikalisch gestaltete und Zwischenaktmusiken intonierte. Im 2. Jahrhundert v. Chr. gelangten verstärkt griechische Schauspieler ins Römische Reich. Dichter, Solo-, Chorsänger und Instrumentalisten müssen zahlreich zur Verfügung gestanden haben, allenthalben regten sie zur Veranstaltung von Festspielen mit Aufführungen musikalischer und szenischer Schöpfungen von Dichtern und Komponisten der Vergangenheit und Gegenwart an. Zum Niedergang dieser hoch entwickelten Bühnenkunst mag das solistisch vorgetragene Kunstlied, die musikalische Ausformung lyrischer Gedichte unter virtuoser Begleitung durch Lyra-, Kithara- und Harfenspieler in der späten Kaiserzeit beigetragen haben. An diesen in der gesamten römischen Gesellschaft hochbeliebten Gesängen und an Liedwettbewerben beteiligten sich aktiv auch die Herrscher.Viel zitiert, beschrieben und abgebildet ist die Musik eines anderen Bereichs, die Klänge der Instrumente zur Signalgebung im Krieg, beim Aufruf zum Kampf, im Triumphzug heimkehrender Feldherren mit ihren Heeren, hier als regelrechte Marschmusik, die auch bei Lagerumzügen der Soldaten zum rituellen Opfer gespielt wurde und die Legionäre bei Wachabschreitung und beim Marschieren begleitete. Von Form und Rhythmus dieser Stücke ist nichts bekannt, außer der Überlieferung, nach der eine »trochäische« Weise (eine Weise im Rhythmus des trochäischen Versmaßes) von Trompetern geblasen, die Römer bei ihrer Flucht vor Arminius vor der Vernichtung bewahrte - die Verfolger hatten geglaubt, es kündige sich ein frisches römisches Heer an. Es wird sich um Spiel auf der Tuba gehandelt haben, einem langen, dünnrohrigen, metallenen Instrument mit knöchernem Mundstück und nur wenig ausladendem Schallende. Die Tuba wurde beim Spiel schräg nach oben gehalten. Ein weiteres Blechblasinstrument war das Cornu, ein nahezu kreisförmig gebogenes Horn mit geriffelter Querstange im geschlossenen Kreisdrittel, die dem Spieler zum Aufrechthalten des Instruments diente. Zu dieser Instrumentengruppe, die in der Militär- wie auch in der Kultmusik eingesetzt wurde, gehörte des weiteren der Lituus. Er bestand aus einem leicht konischen Rohr mit sich breit öffnendem, aufgebogenem Schallstück.. Wie die Tibia, so waren diese Klangwerkzeuge traditionell bei den Etruskern eingesetzt worden, und zwar in ähnlichen Funktionen wie bei den Römern, die sie übernahmen, leicht abänderten und in ihre Kultur integrierten. - Das Schneckenhorn, bei den Römern Bucina genannt, hatte ebenfalls Aufgaben in der Militärmusik - es diente als Schlachtsignalgeber und regelte im Feldlager den Tagesablauf. Außerdem war es das Schallgerät der Hirten und Schiffer sowie der Meeresgötter.Ein reiches Repertoire an Gesangs-, Tanz- und Unterhaltungsmusik ist für alle Perioden der römischen Geschichte belegt. Von den Brauchtums- und Handwerkerliedern, den Liebes- und Spottweisen, den Hochzeits-, Geburtstags-, Ahnengesängen und weiteren Liedgattungen sind allerdings nur die Texte, nicht aber die Melodien überliefert. Stilistische Merkmale dieser Gattungstypen scheinen Singen im Wechsel von Solisten und chorischen Gruppen oder mit Instrumenten, Kehrreim, Schlussmelismen und Aufbau in zwei- oder vierzeiligen Strophen gewesen zu sein. Bei Liedern zum Weinkeltern wurde das Scabellum eingesetzt, eine hölzerne Fußklapper, die auch im Bacchus- und Dionysoskult erscheint und die Nähe der beiden Bereiche zueinander symbolisiert. Hirteninstrumente waren außer der Bucina, deren Klang die Tiere folgten, Klappern (Crotala), Glöckchen und Schellen wurden den Tieren um den Hals gehängt. Wichtigstes Hirteninstrument war die Syrinx, die alte Flöte aus mehreren gleich langen Rohren, die man aneinander reihte und mittels einer Schnur, eines Stegs oder mit Wachs floßartig zusammenhielt.In der Geschichte der römischen Tanzmusik verschmolzen die Traditionen nahezu aller Gattungsbereiche. Mancher Tanz ging auf die Kultmusik zurück, wo er in vielen Formen zelebriert wurde, Chorgesänge, unter Tanzen bei Prozessionen vollführt, Jungfrauenreigen, rituelle Waffentänze sind für unterschiedliche Perioden der römischen Musikgeschichte belegt. In früher Zeit kamen Tänzerchöre zu Wettkämpfen zusammen, die instrumental begleitet wurden von Klangwerkzeugen, die auch in der Kultmusik erschienen. In Tanzschulen erlernte man Schritte und Gestik der Tänze in hoher Vollendung. - Nicht einig waren sich die Chronisten über die Ausübung und Wertschätzung des Tanzes. In der römischen Gesellschaft hielt man ihn für nicht immer angebracht, man verwarf ihn vielfach im Zusammenhang mit Trunkenheit und ausschweifendem Luxus. Bei Volksbelustigungen sei er jedoch legitim.Prof. Dr. Ellen HickmannBecker, Heinz: Zur Entwicklungsgeschichte der antiken und mittelalterlichen Rohrblattinstrumente. Hamburg 1966.
Universal-Lexikon. 2012.